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Alter ist keine Krankheit!
Tipps für Tierhalter der Bundestierärztekammer
Jedem Besitzer eines alten Hundes oder einer greisen Katze wird bewusst, wie
endlich die Zeit mit dem geliebten Tier ist.
Besonders bewegt dabei die Frage, ob die altersbedingten Beeinträchtigungen für das Tier
zumutbar sind, oder ob man es besser „erlösen“ sollte – vor allem, wenn man ständig drauf
angesprochen wird, dass es doch so „schrecklich“ sei, wie humpelnd der alte Hund laufe oder
dass die Katze nicht mehr ordentlich ihr Klo aufsuchen.
„Wer sein Tier kennt, sollte sich nicht verunsichern lassen. Außenstehende empfinden
altersbedingte Beeinträchtigungen besonders bei Hunden oft als schlimm. Aber es ist in
gewissem Umfang normal, dass ein 14-jähriger Hund nur noch langsam läuft, nichts mehr hört
oder nur noch schlecht sehen kann. Dem kann der Tierarzt nur begrenzt entgegenwirken. Alter
ist keine Krankheit, doch man muss sich auf die Veränderungen einstellen und wie bei
hochbetagten Menschen Verständnis und Geduld aufbringen“. Es bestehe aber auch die Gefahr, dass Beschwerden
als Altersleiden abgetan würden und dabei übersehen wird, dass das Tier starke Schmerzen
hat, die gelindert werden könnten.
Ganz wichtig ist darum der regelmäßige Besuch beim Tierarzt. Nur er kann den
Gesundheitszustand von Hund oder Katze genau beurteilen und weiß, was bei beginnender
Demenz, Schmerzen und anderen altersbedingten Problemen zu tun ist!
Hier einige allgemeine Tipps:
• Folgende gesundheitlichen Veränderungen treten bei Hund und Katze auf:
Beeinträchtigung der Sinnesorgane (insbesondere Hören und Sehen), allgemeine
Schwächung der Muskulatur und des Bindegewebes, Abnutzungserscheinungen der
Knochen und Gelenke, verminderter Stoffwechsel, Schwächung des Immunsystems.
• Als typische Verhaltensveränderungen können auftreten: Rastlosigkeit – z.B.
ununterbrochenes Laufen im Kreis („Zirkeln“) – oder extremes Ruhebedürfnis;
vermehrtes Schlafen, nicht mehr vorhandene „Tag-Nacht-Trennung“ (nächtliche
Ruhelosigkeit und tagsüber tiefer Schlaf); Appetitlosigkeit; verminderter Spieltrieb und
Lethargie; Verwirrtheit durch Orientierungslosigkeit, Vergesslichkeit (kurz nach der
Fütterung wird eine weitere Mahlzeit lautstark eingefordert), zunehmende
Schreckhaftigkeit durch eingeschränktes Hör- und Sehvermögen;
Kälteempfindlichkeit durch schlechtere Durchblutung, Bewegungsmangel und
veränderten Stoffwechsel; scheinbar unmotivierte Lautäußerungen („Vokalisieren“
wie Winseln, Jaulen, schrilles Miauen).
• Bei Hunden ist die Lebenserwartung sehr unterschiedlich, man kann aber
grundsätzlich sagen, dass ein Hund etwa mit zehn Jahren alt ist. Je größer ein Hund
ist, desto kürzer ist seine Lebenserwartung – für eine Dogge oder einen Berner
Sennenhund sind zehn Jahre bereits ein biblisches Alter, Kleinpudel oder Dackel
werden nicht selten sogar 18 Jahre alt.
• Bei Katzen beginnen altersbedingte Verhaltensveränderungen mit etwa 11 Jahren;
ab circa 15 Jahren ist mit medizinischen Problemen zu rechnen. Weil Katzen sich in
der Regel auch bei starken Schmerzen und Krankheiten nach außen eher unauffällig
zeigen, ist es besonders wichtig, das Tier genau beobachten.
• Das abnehmende Seh- oder Hörvermögen und der damit verbundene
Orientierungsverlust verunsichern Hund und Katze je nach Ausprägung mehr oder
weniger stark und lösen Stress aus. Missverständnisse mit Menschen oder anderen
Tieren können entstehen, da diese als Bedrohung empfunden werden. Es ist wichtig,
andere Hundebesitzer oder Besucher im Haushalt darauf hinzuweisen und dem Tier
genügend Rückzugsraum zu geben.
• Alte Tiere werden oft inkontinent und können Urin und Kot nicht halten. Im
Zoofachhandel gibt es spezielle Windeln für Hunde, die sehr hilfreich sind.
• Auch Hund und Katze leiden im hohen Alter oft an einer Art Demenz (kognitive
Dysfunktionsstörung): die Katze vergisst dann z.B. den Standort der Katzentoilette,
der alte Hund „schafft“ es nicht mehr rechtzeitig nach draußen. Für den Besitzer
lästig, ist das für das Tier aber sicher keine Qual; der individuelle Fall muss mit dem
Haustierarzt abgeklärt werden.
• Sehr alte Hunde sollten an der Leine geführt werden – sie sehen und hören ihren
Menschen nicht mehr und geraten dann in Panik. Die Leine gibt Mensch und Tier
Sicherheit. Im vertrauten Umfeld können sich die Tiere aber meist noch gut
orientieren; ob ein alter Hund noch Treppen steigen sollte kommt auf den Einzelfall
und die Rasse an.
• Alte Freigänger-Katzen haben manchmal nicht mehr die Kraft, sich im Revier zu
behaupten und kommen mit Verletzungen nach Hause. Das Tier darum regelmäßig
auf Wunden kontrollieren. Wohnungskatzen erleichtert man das Leben, in dem man
Kletterhilfen wie Hocker o. ä. so aufstellt, dass problemlos der Lieblingsplatz erreicht
werden kann.
• Alte Hunde sollten möglichst mindestens zwei Mal täglich gefüttert werden, denn die
Verdauung mehrerer kleinerer Mahlzeiten fällt leichter; da auch Tiere im Alter und
durch die abnehmende Bewegung zu Übergewicht neigen, empfiehlt sich ein
spezielles energiereduziertes und leichter verdauliches Seniorenfutter.
• Die meisten alten Hunde und Katzen haben große Probleme mit Zähnen und
Zahnfleisch: Regelmäßige Kontrollen und das Entfernen von Zahnstein durch den
Tierarzt sind sehr wichtig, denn bei Entzündungen können Bakterien leicht in die
Blutbahn gelangen und dann andere Organe schädigen.
In jedem Fall gilt: Der alte Hund und die alte Katze sind „Persönlichkeiten“, die nach
einem langen Leben unsere besondere Aufmerksamkeit verdient haben. Sie halten uns
den Spiegel für unser eigenes Älterwerden vor. Ihr Haustierarzt wird Ihnen dabei
behilflich sein, den Zeitpunkt zu erkennen, ab dem sich Ihr Tier quält.